erkenntnisse und bekenntnisse

erkenntnisse und bekenntnisse

Dienstag, 28. März 2023

drei monate später

raus aus dem job. mit 62. wie wird das?

angst gab es nicht. aber unsicherheit. trägt der alltag? fehlt der job? der stress? die unruhe? über 30 jahre tageszeitungs-journalismus prägen. kann man das abschütteln? ohne brüche? ohne sinnkrise?

ich hatte mich vorbereitet. hatte gedacht. gegrübelt. hinterfragt. bin ich der job? bin ich mir selbst genug? was denkt meine frau? werde ich ein papa ante portas? was kommt? was wird? was bleibt? habe ich die zukunft jetzt hinter mir?

fragen, fragen, fragen. quälend. zermürbend. was denkst du? fragten kollegen. was hast du vor? was wirst du tun? kommst du zurück als freier mitarbeiter? wird es dir nicht fehlen?

noch mehr fragen. unwägbarkeiten. unerprobte zeiten. unklare abläufe. wann stehe ich auf? und dann? vier stunden zeitung lesen? und dann immer noch so viel tag vor mir wie nie.

ich hatte nie angst davor. früher. war meiner selbst gewiss. eigentlich. aber war ich nicht einfach nur blauäugig? so vielen fällt die decke auf den kopf, wenn sie plötzlich zu hause hocken, 24/7. warum soll es mir nicht so gehen?

ich hasse meine grübelei. meinen kopf, in dem es nicht aufhört. unbemerkt, unausgesprochen, in dauerschleife: geht das gut?

drei monate sind nun herum. und die angst, die zweifel, die fragen? nicht vergessen. aber verweht, verflogen, in wohlsein aufgelöst.

ich. fühle. mich. wohl.

das dasein reicht mir. ein tag ohne erlebnis? kann man gut haben. ich stehe auf, wenn ich wach bin. ich gehe zu bett, wenn ich müde bin. kein wecker, kein plan, kein chef, kein termin. ich handwerke. ich male. ich putze. ich koche. ich kaufe ein.

und habe trotzdem tag ohne ende übrig. verrückt. befreiend.

Donnerstag, 29. Dezember 2022

zu früh gegangen

woher? wohin? und überhaupt: warum?

die fragen stell ich mir an jedem simplen tag.

die angst „was wird?“ sitzt tief in meinem bauch.


wo geht es hin? was kommt? was bleibt? 


wann muss ich gehen? und sicherlich zu früh.


ich grüble. ich denke. ich frage. zu viel. gerade jetzt. liegt es an diesen enden? job vorbei. jahr vorbei. wie auch immer. was auch immer. und denke grad an zwei frauen, die viel zu früh gegangen sind.


meine mutter, klar. nur 66 jahre alt. martha. ich fühle noch die weiche haut. das krause haar. so nah noch immer. so dringend hätt‘ ich dich doch noch gebraucht. so viele fragen blieben,


wie war das damals? im russischen arbeitslager? mit der neuen mutter, die dir vorgesetzt wurde? hast du ihn geliebt, den fritz? und wie nur gingen diese haferflockenbonbons, die ich so liebte als kind? kleine fragen, große fragen. nie gestellt. da schien ja noch so viel zeit.


auch ute fehlt. die beste freundin über jahre. verloren an den teufel krebs. 61 war sie nur. wie ich jetzt noch. zorn. schmerz. trauer. und so viel warmes gefühl blieb zurück.


du schuldest mir noch eine drei-gipfel-tour. es gab doch noch viel zu lachen und zu trinken. zu reden. zu gucken. zu lästern. nun sitzen wir hier. dein tommy. und beate. und ich. und du fehlst.


schmerzen und liebe. das habt ihr hinterlassen. martha und ute. ich denke an euch. 

Montag, 26. Dezember 2022

unveröffentlicht

den blogpost fand ich heute. vor achteinhalb jahren geschrieben. unveröffentlicht. aber so bezeichnend für meine situation damals. noch unerkannt hatte mich die depression erwischt. umschlang mich. erdrückte mich. nahm mir die luft. die lust. unfassbar. in der rückschau so wirklich. so nah. und doch auch überwunden. verarbeitet. verdaut. und doch immer wieder lauernd. eine lebenskrankheit. meine lebenskrankheit.

"ich hatte mir für 2014 vorgenommen, erkenntnisse festzuhalten.
tag für tag.
das habe ich bis ende februar durchgehalten.
dann hat es mich gelangweilt.
ich langweile mich schnell.
aber das ist keine neue erkenntnis.
die begleitet mich schon mein gesamtes berufsleben.
themen langweilen mich.
redaktionen langweilen mich.
städte langweilen mich.
politiker langweilen mich.
und leider auch so manche kollegen.
zugegeben.
ich kämpfe gegen die langeweile an.
ich versuche mich.
an neuen themen.
an neuen techniken.
in neuen redaktionen.
an neuen herausforderungen.
es klappt.
eine gewisse weile.
es macht spaß.
vorübergehend.
dann kommt sie wieder.
die langeweile.
schon gemacht.
schon gehört.
schon geschrieben.
schon gedacht.
neue anreize müssen her.
neue denkanätze. neue zuhörer. neue impulsgeber.
ausdenken.
nachdenken.
querdenken.
fragen. mich fragen. mich hinterfragen.
mich kritisieren. das muss ich tun. ständig.
zu kompliziert. zu still. zu vorlaut.
zu dumm? oder zu intelligent?
ich vertrage mich manchmal nicht.
mit dieser welt.
mit meiner timeline.
sie ist nicht meine. nicht immer.
zu humorlos.
zu selbstverliebt.
mein fehler? ihr fehler?
weniger denken? mehr denken? anders denken?
ausweg gesucht. erkenntnis ersehnt."
(vom 17.6.2014)